Hamburg hat ein Corvey Gymnasium

Schule im Stadtteil Lokstedt ist in Höxter unbekannt – Kontakt mit KWG geplant

Wer in Höxter von Corvey spricht, der denkt an Welterbe und Kloster. In Hamburg steht für das Wort Corvey etwas völlig anderes: ein renommiertes Gymnasium. Die Schule an der Waterkant kennt an der Weser so gut wie niemand; und die meisten Hamburger Corveyaner waren auch noch nie in Höxter.

Das WESTFALEN-BLATT hat das Gymnasium mit dem so bekannten Namen im Hamburger Stadtteil Lokstedt besucht. »In der Nähe der Höxter-Straße und der Widukind-Straße liegt die Corvey-Straße mit der Schule«, so der Hinweis eines netten Anwohners des adretten Wohngebietes. »Corvey Gymnasium« steht dort in goldenen Lettern an einer Betonwand, und dahinter eröffnet sich ein Gelände mit Schulgebäuden aus den 1960er Jahren. Gar nicht weit entfernt befinden sich der bekannte Tierpark Hagenbeck und das NDR-Fernsehen, von wo aus jeden Tag die »Tagesschau« gesendet wird. Einige Schüler engagierten sich beim NDR in einer AG »Kinderradio«, berichtet Corvey-Schulleiter Christian Krümel stolz.

Der junge, aufgeschlossene Direktor ist ganz Ohr als er vom Besucher aus Höxter erfährt, dass es in Sichtweite des 1200 Jahre alten Namensgebers seiner Schule ein 150 Jahre altes König-Wilhelm-Gymnasium und mit dem Weserbergland ein landschaftlich-kulturell interessantes Umfeld gibt. Es sei schon merkwürdig, dass es über die Jahrzehnte so gar keine Kontakte des Corvey-Gymnasiums mit Höxter gegeben habe, meint Krümel. Doch das sollte man ändern. Anlässlich des 50-Jährigen des »Corvey-Gymnasiums« in Hamburg werde man sich jetzt stärker mit der Geschichte des Namens und des Welterbeklosters beschäftigen. Zwei Lehrer sollen Corvey besuchen. Krümel kann sich auch den Geschichts-Leistungskurs seiner Oberstufe gut auf Corvey-Fahrt vorstellen. Und Corvey im Unterricht? Ein Top-Thema!

Schulleiter Krümel plant auch, Kontakt zum KWG aufzunehmen. »Vielleicht können wir beiden Schulen etwas Gemeinsames auf die Beine stellen.« Das sieht auch sein Amtskollege in Höxter, KWG-Schulleiter Georg Wieners, so. »Eine gute Idee!« Bisher war kein Hamburger Corvey-Schüler oder Lehrer je in Schloss, Kirche und KWG oder hat gar die lange Weltkulturerbe-Debatte mitverfolgt; genauso wenig haben Höxteraner das Lokstedter Gymnasium betreten. Das könnte sich nun ändern. Kloster- und Bildungskultur zu verbinden, das schwebt den Schulen vor. Weißer Fleck Corvey ade.

KWG und Corvey-Gymnasium haben viel gemeinsam: 750 Schüler, knapp 70 Lehrer, MINT-freundliche Schule, gesunde Schule, Schule gegen Rassismus. Das »Corvey« setzt künstlerische Akzente mit dem Fach »Theater«. Nicht ohne Grund haben die Hamburger TV-Stars Wanja Mues und Nina Bott hier Abitur gemacht. Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, ist eine »Corveyeranerin«.

Der Name Corvey ist in Hamburg seit dem Mittelalter ein Begriff. Erster Erzbischof von Hamburg wurde 831 der Apostel des Nordens, der Heilige Ansgar, lange auch Mönch in Corvey. Dessen Statue steht auf der Trostbrücke in Hamburg und erinnert an die Beziehungen Hamburg-Corvey.

Nur einmal, im Mai 2015, haben 35 Sänger der »Corvey Cantat« aus Hamburg Corvey und Höxter besucht und sogar im Westwerk gesungen – eine Pioniertat, die nach mehr verlangt. Infos zur Hamburger Schule unter www.gymnasium-corveystrasse.de

 

Text & Fotos von Michael Robrecht aus dem Westfalen-Blatt vom 06.05.2017